Stell dir vor, die Welt ohne Cupcakes. Ein Menü, das ohne Burgervariationen auskommt. Wo Streetfood nicht länger Hype der Stunde ist. Da wäre plötzlich wieder Platz. Für große kulinarische Freuden, für eine Kultur des Tisches, die manche von uns gar nicht mehr kennen: Es könnte wieder getafelt werden. Und geschnitten. Gehoben. Gelegt. Das Besteck aus Silber nämlich. Stil, bitte zu Tisch!
Ja, frau könnte direkt ins Schwärmen geraten beim Anblick des außergewöhnlichen Wiener Tafelbestecks aus Silber, das uns als Pfand vorgelegt wurde. Lasst uns die zwei (!) Besteckkoffer gleich einmal inspizieren ...
Schon der erste Anblick ist überwältigend. Allein der Umfang - 185 Stück Besteck aus 800er Silber - und vor allem der sehr gute Zustand der Koffer und ihrer Einlagen sind einfach beeindruckend. Das Signet des 1879 mit dem Titel „Ritter“ geadelten Wiener Silberschmieds Josef Carl Ritter von Klinkosch prangt golden auf der Stoffauskleidung und tatsächlich stellt sich beim Entnehmen der ersten Besteckteile heraus: Das Silber-Besteck hat nicht nur sehr geringe Gebrauchsspuren, es ist auch gänzlich frei von jeglichen Initialen oder Familienwappen, also ohne Gravur. Was für eine Rarität!
Für die Bewertung so einer exklusiven Besteckgarnitur spielt nicht nur der aktuelle Silberkurs eine Rolle. Bemerkenswert ist, wie mir unser Schätzmeister verrät, auch die Vollständigkeit des für 12 Personen gefertigten Bestecks:
Dieses Silber-Besteck mit 185 Teilen ist für 12 Personen ausgelegt. Besonders hervorzuheben ist zum einen die Vollständigkeit und zum anderen die Tatsache, dass die beiden original Koffer zur Aufbewahrung noch vorhanden sind. Das Wiener Tafelbesteck entstand in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Bei einer Auktion im Dorotheum Wiener Neustadt wurde es für 7.500 Euro (inklusive Gebühren) verkauft. Damit wurde der mit 3.600 Euro angesetzte Rufpreis mehr als verdoppelt. Das zeigt die nach wie vor hohe Nachfrage nach solchen Raritäten.
Ist es nicht irgendwie beruhigend, dass es Dinge gibt, deren Wert nicht vergeht? Noch dazu, wo es sich hierbei letztendlich um einen Gebrauchsgegenstand handelt ... Und wer weiß, vielleicht werden wir eines Tages die Pizza-Kartons vom Couchtisch verbannt haben und unsere Tafeln wieder öfter mit Silber schmücken - auf jeden Trend soll ja bekanntlich ein Gegentrend folgen. In Zeiten, wo Eiswürfel-Sommeliers uns die Drinks servieren und wir bei Designer-Steaks an Blattgold dinieren, könnte doch auch ein Revival von stilvollem Silberbesteck zum Greifen nah sein?
Josef Carl Klinkosch wurde 1822 in Wien geboren. Nach der Ausbildung zum Silberschmied im väterlichen Betrieb übernahm er 1851 dessen Geschäft. Er verfeinerte die Technik immer mehr und gewann zahlreiche Künstler aus dem Ausland für seine Entwürfe. Er war sehr erfolgreich und konnte neben dem gehobenen Bürgertum und dem Adel ab 1855 auch den Kaiserlichen Hof als Kunden gewinnen, was ihm den Titel „k. u. k. Hof- und Kammerlieferant“ einbrachte. 1879 wurde er mit dem Titel „Ritter“ geadelt. Josef Carl Ritter von Klinkosch verstarb 1889 in Wien. Die Firma wurde in der Folge von Klinkoschs Söhnen weiter betrieben. 1918 wurde der Betrieb von Arthur Krupp erworben und unter dem Namen „J. C. Klinkosch A.G.“ bis ins Jahr 1972 weitergeführt. |
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