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Wolfgang Haimbach - Umkreis, Festmahl in einem Schloss
Experten-Wissen

„GOTT BEHÜTE MICH VOR GÄBELCHEN“ – DIE SPANNENDE GESCHICHTE DES ESSBESTECKS

Die Geschichte des Essbestecks reicht noch gar nicht so lange zurück. Jahrhundertelang wurde mit den Fingern gegessen. Lediglich zum Zerteilen von Speisen bediente man sich eines Messers oder eines Löffels für flüssige Speisen und Brei. Doch wie kam es zur heutigen Form der Tischkultur?
 

Erst im Laufe des 16. Jahrhunderts erfreuten sich von Italien ausgehend Gabeln zunehmender Beliebtheit. Aber nicht überall wurde diese esstechnische Innovation positiv aufgenommen ...
 

Der katholischen Kirche widerstrebte das Aufspießen von Speisen. Sie verurteilte die Gabel sogar als „Teufelskralle“. Von Martin Luther ist das Zitat Gott behüte mich vor dem Gäbelchen aus dem Jahr 1518 überliefert.
Erasmus von Rotterdam schrieb 1530 zur damaligen Esskultur: „Der Becher und das gut gesäuberte Messer zur Rechten, zur Linken das Brot, das ist das Tafelgedeck.“. Und sogar noch genauer: „Was gereicht wird, hat man mit drei Fingern oder mit Brotstücken zu nehmen.“


Der Begriff Besteck bezog sich im Übrigen ursprünglich auf das Behältnis, in dem man die zum Essen benötigten „Werkzeuge“ mit sich führte. Man trug damals eine Art Köcher am Gürtel, der mit den Utensilien „beisteckt“ wurde.
 

Bis weit ins 18. Jahrhundert war es Brauch sein eigenes Besteck mit sich zu führen. Selbst noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts war es unter den vermögenden Bürgern Brauch ein sogenanntes Reisebesteck mit sich zu führen. Erweiterte man das Reisebesteck um Gewürzdosen, einen Trinkbecher oder Ähnliches, so nannte man dieses Ensemble auch „Mundzeug“. Im Laufe der Zeit verloren individuell mit sich geführte Bestecke jedoch zunehmend an Bedeutung.

Obiges Foto zeigt ein besonders schönes Exemplar eines in Österreich produzierten Reisebestecks im Originaletui, das im Dorotheum erworben wurde. Dort konnten die Schätzmeister auch das Alter anhand der Punzen relativ genau bestimmen:

Löffel und Gabel tragen die 1814-1866 verwendete Amtspunze für 13-lötiges Silber (13 Lot entspricht einem Feingehalt von 812,5/000). Die genauen Jahreszahlen sind leider unleserlich. Aufgrund einer weiteren Punze kann der Zeitraum jedoch eingeschränkt werden. Bedingt durch die napoleonischen Kriege (ca. 1800-1815) gab es in Österreich eine horrende Staatsverschuldung. Um dieser entgegenzuwirken, wurde eine Art Luxussteuer erhoben, die sogenannte Repunzierungstaxe.

Dieses Reisebesteck war davon befreit, was durch eine in den Jahren 1810-1824 verwendete Taxfreipunze belegt ist. Aufgrund dieser beiden Punzen kann der Zeitraum der Entstehung auf 1814-1824 eingeschränkt werden. Bei genauerer Betrachtung lässt sich bei der Jahreszahl eine „2“ auf der Zehnerposition erahnen. Somit lässt sich der Zeitraum sogar noch genauer auf 1820-1824 einschränken.

Ein weiteres interessantes Detail ist die Schwertfegerpunze auf der Klinge. Was es damit auf sich hat ist jedoch eine andere Geschichte…

Heutzutage verlassen wir uns darauf, überall ein vernünftiges und vor allem auch hygienisch unbedenkliches Besteck vorzufinden. Stets ein eigenes Besteck mit sich zu führen ist somit unnötig geworden. Trotzdem gibt es auch weiterhin moderne Formen: das Campingbesteck, aber auch das beim Militär im Felde verwendete Besteck kann man getrost als „Reisebesteck“ bezeichnen. Wenngleich diese modernen Exemplare bei weitem nicht so schön sind, wie ihre Vorfahren.


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