Goldfund in Ebreichsdorf: Zuwachs im Goldkabinett
Seit wenigen Tagen kann man im Goldkabinett des Naturhistorischen Museum Wien (NHM) eine Sensation bestaunen: den Goldfund von Ebreichsdorf. Ich durfte den Schatz, im Rahmen des Schenkungsaktes, schon vorab bewundern.
Siedlungsfund im Zuge des Bahnausbaus
Im Zuge des Streckenausbaus der Bahnlinie nach Ebreichsdorf wurde man darauf aufmerksam, dass sich im Bereich des geplanten Bahnhofs eine bronzezeitliche Siedlung befunden haben musste. Diese Entdeckung führte zu einer genaueren Untersuchung des Areals:
Bei den folgenden archäologischen Ausgrabungen 2019/2020 fand man einen Goldschatz, der aus sieben Objektkomplexen besteht und einen reichen Beifund von Artefakten aus dem täglichen Leben der Siedlungsbewohner der Bronzezeit. Die entdeckte Siedlung zählt zur sogenannten mitteldonauländischen Urnenkultur und war circa im Zeitraum von 2500 v. Chr. – 750 v. Chr. mit Unterbrechungen besiedelt.
Goldschatz und reicher Beifund
Der Goldschatz ist ein außergewöhnliches Fundobjekt, aber auch die unzähligen kleinen Überbleibsel des Alltagslebens, die Platz in circa 300 Bananenkisten finden, sind wissenschaftlich besonders attraktiv. Sie ermöglichen detaillierte Einblicke in die Gesellschaft und Lebensumstände der Zeit und erleichtern die Kontextualisierung des spektakulären Goldfundes.
Wenn man vom Goldfund von Ebreichsdorf spricht, geht es um folgende Artefakte: eine kalottenförmige, feine und ziselierte Goldblechschale, in der man zwei ineinander gehängte Golddrahtspiralarmreife fand, sowie kleinere ineinander gehängte Golddrahtspiralreife, drei lose aufgebogene Golddrähte und ein kompaktes Goldfadenknäul, das mit weiteren Golddrähten umwickelt ist.
Schenkung des Fundes durch die ÖBB
Nach Untersuchung des Goldfunds durch ein interdisziplinäres Expert:innen-Team, Konservierung beziehungsweise Restaurierung durch das Bundesdenkmalamt und Naturhistorische Museum, schenkte die ÖBB dem Museum die wertvollen Ausgrabungen, um sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zudem werden so auch weitere Untersuchungen und Forschungen möglich.
Viele Fragen sind noch offen
Man nimmt an, dass die Goldartefakte in Zusammenhang mit dem bronzezeitlichen Sonnenkult stehen, doch da die Goldfunde aus schriftloser Zeit stammen, bleiben viele Zusammenhänge ungewiss und geheimnisvoll. Viele Fragen stellen sich im Zusammenhang mit so einem Fund und viele Rätsel sind zu lösen:
Woher kommt das Gold? Wie und wo wurde es verarbeitet? Wozu hat es gedient? Wurde Handel betrieben und wenn ja, mit wem? Was sagt es über die Beziehungen und die Identität der bronzezeitlichen Menschen aus?
Fragen, die das Expert:innen-Team und das Naturhistorische Museum wahrscheinlich noch Jahre beschäftigen werden, denn viele der unzähligen Fundstücke müssen noch gesichtet und untersucht werden.

Was man über den Goldfund schon herausgefunden hat
Einige interessante Fakten über den Goldfund konnten die Expert:innen allerdings schon verraten. Beispielsweise wurde die Herkunft und Zusammensetzung des Goldes untersucht. Hier wurde eine neu entwickelte Methode, die Laserablation, verwendet. Mittels mobiler Laser wurde so Material abgelöst, das später in einem Labor in Mannheim unter Verwendung der Massenspektrometrie untersucht wurde.
Prinzipiell ist zu sagen, dass die Fundortuntersuchung von Gold nicht so einfach ist. Man kann aber unterscheiden, ob es sich um eine Primärlagerstätte oder um eine Sekundärlagerstätte, wie Flussgold, handelt. Flussgold kann chemische Elemente, wie z. B. Zinn oder Platinmetalle enthalten, die bei Primärlagerstätten nicht zu finden sind.
Bei der Untersuchung des Goldfunds stellte sich heraus, dass das verarbeitete Edelmetall aus Flussgold-Lagerstätten stammt und das Spurenelementmuster bei allen Objekten ähnlich ist. Deshalb nimmt man an, dass das Gold aus der gleichen Lagerstätte stammt, wenn auch nicht aus einer Goldcharge, was bedeutet, dass nicht alle Objekte aus einem einzigen „Goldklumpen“ hergestellt wurden.
Durch Vergleiche der Materialien verschiedener gefundener Artefakte kann man die Herkunft des Goldes eingrenzen. Hier kam man zu dem Ergebnis, dass das Material wohl aus der Böhmischen Masse bzw. dem Riesengebirge stammen könnte, das sich um die 400 km von der heutigen Fundstelle entfernt befindet.
Das Goldfadenbündel
Spannend ist auch das Goldfadenbündel an sich. Was für den ungeübten Betrachter wie ein Knäuel aus unterschiedlichen dicken Drähten aussieht, sind für die Expert:innen nach Untersuchung des Objekts die Überreste von golddurchwirkten, zusammengefalteten Textilien. Das organische Trägermaterial (wie zum Beispiel Leder oder Textilien) ist zerfallen. Übrig geblieben sind die sehr feinen, circa 0,5 mm dünnen Goldfäden. Leider konnte durch DNA-Untersuchungen nicht festgestellt werden, um welches Trägermaterial es sich gehandelt haben könnte.
Bei weiteren Untersuchungen konnten zudem drei unterschiedliche Webarten ausfindig gemacht werden. Deshalb kann man davon ausgehen, dass es sich um mindestens drei Textilstücke handelt.

Wir sind vom Goldfund von Ebreichsdorf sehr fasziniert und können nur empfehlen, die Neuzugänge im Goldkabinett mit eigenen Augen zu bestaunen.
Wer mehr über die Details der Ausgrabungen und die wissenschaftlichen Untersuchungen des Goldschatzes wissen möchte, wird in der Publikation des Naturhistorischen Museums „Gold – Die Geschichte des Goldfundes von Ebreichsdorf“ fündig, die im Museumsshop erworben werden kann.
Wir blicken gespannt in die Zukunft, was Expertinnen und Experten noch alles über die Siedlung in Ebreichsdorf herausfinden werden.
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