Reges Treiben herrschte bei der der Uhrenauktion des Dorotheum Ende letzten Jahres in Innsbruck. „Reges Treiben“ bezieht sich dabei jedoch nicht nur auf das Kaufinteresse der Kunden, sondern auch auf die angebotene Ware. Während dieser Auktion wurde nämlich ein größeres Lot erotischer Taschenuhren angeboten. Doch was hat es mit diesen frivolen Kuriositäten eigentlich auf sich?
Ausgangspunkt für diese sehr spezielle Eigenart der Uhrmacherkunst war die Erfindung der Repetition 1687 in England. Findige Uhrmacher im Schweizer Jura begannen damit, diese Technik zu verfeinern. Sie nahmen die kleinen Schlaghämmer der Stunden-, Viertelstunden- oder Minutenrepetition als Basis für Metallfiguren, die sich in erotischen Stellungen bewegten. Das alles geschah an langen, einsamen Winterabenden. So erzählt man es sich zumindest ... Fakt ist, dass die ersten erotischen Taschenuhren aus dieser Zeit stammen. Die frivole Mechanik war damals allerdings versteckt. Erst nach dem Öffnen des Deckels zeigte sich das Uhrwerk und damit auch das Spektakel.
Ab Mitte des 17. Jahrhunderts entwickelte sich ausgehend von Frankreich das Zeitalter der „Galanterie“. Diese Epoche zeichnet sich durch eine nie dagewesene Freiheit und Natürlichkeit, insbesondere im Hinblick auf den Umgang der Geschlechter miteinander, aus. Ein wachsender Markt für frivole Miniaturmalereien entstand: Medaillons, Pillen- und Schnupftabakdosen, sowie eben auch Taschenuhren. In diese Zeit fällt auch das erstmalige Aufkommen erotischer Literatur, wie zum Beispiel Casanova (1725 – 1798) und Marquis de Sade (1740 – 1814), was die Nachfrage noch mehr anheizte.
Bei den Motiven handelt es sich ausnahmslos um Männerphantasien, die meist mit viel Liebe zum Detail umgesetzt wurden. Die Sujets zeigen Paare beim Akt oder sich selbst berührende Damen. Sehr beliebte Motive waren im Übrigen als Nonnen verkleidete Männer oder lüsterne Priester, die sich im Damen-Kloster vergnügen. Das dürfte die Kirchenvertreter regelmäßig zur Weißglut gebracht haben.
In der Schweiz wurde es den Autoritäten irgendwann zu bunt. Die Vereinigung der Pfarrer von Neuchatel versuchte mit aller Macht die erotischen Taschenuhren zu bekämpfen. Sie schafften es 1817 sogar ein Verbot durchzusetzen, was zur systematischen Beschlagnahmung und Vernichtung dieser Zeitmesser führte. Die Nachfrage dämpfte das jedoch nicht. Da die offiziellen Kanäle versiegten, entstand ein florierender Schwarzmarkt.
Im Wandel der Zeit änderten sich auch die erotischen Taschenuhren. Von Verboten war bald keine Rede mehr und die frivolen Motive beziehungsweise Mechaniken schafften es sogar auf das Zifferblatt, also die vordere Seite der Uhr. Der Wunsch nach erotischen Zeitmessern hält bis heute an. Neben Taschenuhren haben sich auch erotische Armbanduhren auf dem Markt etabliert. Selbst renommierte Marken wie Blancpain oder Ulysse Nardin haben standardmäßig solche Modelle im Programm. Von Ulysse Nardin stammt auch das Modell „Classic Minute Repeater Voyeur“, das gleich zwei Paare beim Akt zeigt. Dieses technische Meisterwerk (die Szenerie ist rein mechanisch umgesetzt) ist mit 295.000 Euro Listenpreis jedoch nur einer kleinen Käuferschicht vorenthalten.
Erotische Taschenuhren haben nach wie vor eine Relevanz am Markt. Das zeigt sich auch daran, dass sie selten aber regelmäßig in den Pfandfilialen des Dorotheum zu Begutachtung vorgelegt werden. Unsere geschulten Schätzmeister sind Experten für die Bewertung solcher Kuriositäten, aber auch für alle anderen Arten von Pretiosen.
Bleib am Laufenden - mit dem Newsletter von pfand - Das Magazin:
Kommentiere als Erste(r) diesen Artikel!